Walter Hämmerle: Die unreife Republik. Zum Zustand Österreichs

Vortrag und Diskussion - Moderation: Peter Bilger

Samstag, 21. Oktober 2023 - 19:30

Walter Hämmerle beschreibt und analysiert in dieser Streitschrift pointiert die Zusammenhänge zwischen allen Akteur*innen der österreichischen Republik. In dieser Republik ist nichts einfach vom Himmel gefallen. Alles hat sie sich hart erarbeitet. Das gilt für das Misstrauen der Menschen in Parteien und Regierung, in Verwaltung und Wissenschaft, in Medien wie Journalismus, und genauso auch für Demokratie und den Wohlstand der Zweiten Republik. Doch dieser Erfolg droht verspielt zu werden, weil die Politik fast alle Energie in symbolisch aufgeladene, aber für die Zukunft des Landes bestenfalls drittrangige Themen investiert; weil Medien, getrieben von der Sucht nach Aufregern und der Logik von Klicks, dies nicht nur hinnehmen, sondern noch befördern; weil für die Parteien Loyalität zu oft wichtiger ist als Kompetenz; weil sich zu viele Bürgerinnen und Bürger im Zweifel lieber von der Politik abwenden statt sich zu engagieren.
Was den Zustand der Republik angeht, kann sich niemand die Hände in Unschuld waschen Es ist zu billig, mit dem Finger allein auf die Parteien zu zeigen. Nichts ist einfacher, als Politiker und Parteien pauschal als unfähige Versager oder habituell korrupt abzustempeln. Die Wirklichkeit ist komplizierter. Das Verhalten von Politik und Parteien, von Journalismus und Medien lässt sich nicht trennen vom Tun und Lassen der Bürgerinnen und Bürger.
Natürlich ist Österreich inmitten all der Stürme rund um den Globus keine Insel. Aber der Niedergang, der uns droht, erfolgt ohne zwingende innere oder äußere Notwendigkeit. Der Vertrauensverlust in die Institutionen mag im Gleichschritt mit der internationalen Entwicklung erfolgen, zum Großteil ist er jedoch hausgemacht, weil sich zu viele einer rationalen Unvernunft ergeben. Die Unreife ist an ihre Grenzen gekommen: Weiter so, und es wird kein gutes Ende nehmen. Was dann folgt, wird kein spektakulärer Zusammenbruch sein, weder des Wohlstands noch des Wohlfahrtstaats, sondern ein langsamer Niedergang auf leisen Sohlen.

Walter Hämmerle, geboren 1971 in Lustenau, Vorarlberg; Studium der Politikwissenschaft; langjähriger Journalist, zuletzt Chefredakteur der »Wiener Zeitung«; zahlreiche Veröffentlichungen zu Politik und Zeitgeschichte; zuletzt erschienen ist „Die unreife Republik. Zum Zustand Österreichs“, Leykam Verlag 2023